Lato LeCobra: Hallo
Schwester Juana. Willkommen noch mal hier in Freising. Danke, dass du
dir die Zeit für dieses Gespräch nimmst. Ich darf dich doch so nennen.
Oder nur Juana? Was ist dir lieber?
Schwester Juana: Gott
zum Gruße werter Le Cobre. Gerne doch. Nun ich bin es von Klein auf
gewohnt, daß man Schwester Juana zu mir sagt, da ich in einen Kloster
aufgewachsen bin. Ihr könnt aber Jederzeit Juana sagen, wie es Euch
beliebt.
Lato LeCobra: Bei mir reicht Lato völlig
aus. Werter LeCobra klingt so gehoben und ich muss gestehen, ich
empfinde eine kleinen kindischen Stolz darauf, dass ich zu den einfachen
Menschen in dem Staub der Straßen gehöre. Aber zu dir:
Du hast erzählt, du bist auf einer Pilgerreise und auch den ein oder anderen Leser dürfen die Plakate aufgefallen sein,
in denen du einlädst, daran teil zu nehmen. Erzähl doch mal ein wenig
darüber. Was ist das Ziel dieser Pilgerreise, wo soll es hin gehen? Was
ist die Motivation, der Grund für diese Reise?
Schwester Juana: Das
Ziel der Pilgerreise ist Ulm und es sollte bis zum Julmond des Jahres
erreicht sein, es ist also genug Zeit. Aber wie sagt man so schön: Der
Weg ist das Ziel. Das heisst, das gemeinsame Pilgern, andere Menschen
und Städte kennenlernen. Zu Helfen wenn Möglich und Ihre Sorgen und
Probleme in Erfahrung bringen. Doch auch ein Grund ist, das zum 19.12.
des Jahres unsere Bruderschaft 15 Jahre wird und diese in Ulm gegründet
wurde.
Lato LeCobra: Zu der Bruderschaft kommen
wir später noch, lasst uns noch ein wenig über dich reden. Was ist
deine persönliche Motivation zu dieser Pilgerreise? Was erhoffst du dir,
was wünschst du dir?
Schwester Juana: Nun,
ich wuchs wie angesprochen in einen Kloster auf und kannte nur meinen
Ziehvater einen alten Mönch namens Schwarzer Abt. Ich war Anfangs etwas
Menschenscheu, aber im Laufe der letzten Wochen hat sich das gegeben,
denn ich bin zugegeben auch sehr Neugierig.
Lato LeCobra: Neue Leute kennen lernen, die Welt sehen, nicht war? Du hattest mir im Vorfeld schon versprochen, für den Kreativwettbewerb
etwas zu schreiben von deiner Reise. Darum möchte ich dem hier in dem
Gespräch nicht vorweg greifen, nur eine Frage: haben sich bereits andere
dieser Reise angeschlossen?
Schwester Juana: Leider
nicht. Eigentlich wollte ich Alleine los ziehen, aber Bruder Schwarzer
Abt hat sich dann entschlossen mich zu begleiten, da ich dann doch
Alleine etwas Angst bekam.
Lato LeCobra: Ah, ich glaube, an der
Tombola habe ich ihn bereits getroffen. Es ist tatsächlich besser nicht
alleine zu reisen. Auch wenn ich mich selbst nicht immer an dieser
Empfehlung halte.
Wenn ich das richtig verstanden habe, ist diese Pilgerreise
überkonventionell, das bedeutet egal aus welcher Religion darf man
teilnehmen. Allerdings geht es um die Bruderschaft des Lichts. Erzähl
mir mehr darüber. Was ist die Bruderschaft des Lichtes?
Schwester Juana: Die
Bruderschaft des Lichts wurde von Bruder Khatanka und Bruder Schwarzer
Abt vor fast 15 Jahren gegründet. Sie ist sozusagen die Keimzelle der
Deutschen Spinozistischen Kirche, aber auch der internationalen Union
Spinoza.
Lato LeCobra: Abgesehen von der
Institution und Organisation der Kirche, ihr glaubt doch an den selben
Gott, wie die Aristotelische Kirche, nicht wahr?
Schwester Juana: Oh ja, Wir sind alle Brüder und Schwestern unter Gottes Sonne, da habt Ihr vollkommen Recht.
Lato LeCobra: In welchen Punkten
unterscheidet sich euer Glaube? Wie gesagt, wir lassen mal die
Institution und Politik weg sondern nur den Glauben an sich, gibt es
Unterschiede?
Schwester Juana: Nun,
das ist in wenigen Worten schlecht zu erklären. Einfach umschrieben, es
gibt in der Spinozistischen Kirche keinen Zwang, Gesetze, Verbote,
Militär oder gar Inquisition. Es gibt einfache Regeln, Gebote und Alles
ist Freiwillig. Wir Spinozisten glauben nur an Gott und beten weder
Symbole, Gegenstände wie Reliquien, Heilige, Propheten und Anderes an.
Wir kennen auch keine sogenannten Ungläubigen, wir respektieren
Jedermanns Glauben.
Lato LeCobra: Ich glaube, das musst du
ein wenig genauer erklären. Wenn alles freiwillig ist, was ist denn
richtig, was ist dann falsch? Woran macht man das fest?
Schwester Juana: Was
Richtig und was Falsch ist? Nun man muss keinen alten Glauben
abschwören. Mit dem Sprechen des Glaubensbekenntnis ist man Spinozist:
Ich glaube an Gott, die Freundschaft und die Liebe.
Ich gelobe Armen und Schwachen zu helfen.
Ich kämpfe für Freiheit und Frieden.
Ich trete ein für Toleranz und freien Glauben.
Ich bekämpfe das Böse und Unterdrücker.
Ich stehe zu meinen Worten und Taten.
Ich bekenne mich zu dem Wahlspruch: Freiheit - Gleichheit - Brüderlichkeit.
Ich werde lieber stehend sterben als kniend leben.
Ich denke daran kann man wirklich nichts aussetzen - oder?
Ich persönlich bin der Meinung, es braucht keine Anbetung von
Gegenständen - man könnte auch Götzen sagen. Es gibt einen Gott und
diesen gebührt meine Verehrung. Ich kann mich auch nicht damit
anfreunden, wenn Kirchenmänner etwas "im Namen Gottes tun", ich als
Seelsorger kann mich nicht auf die gleiche Stufe oder höher wie Gott
stellen. Ich bin vielleicht ein Diener oder ein Werkzeug Gottes - mehr
nicht.
Lato LeCobra: Also was aufrichtig ist,
was der Freiheit dient, der Gleichheit untereinander und der
Brüderlichkeit, das ist gut und richtig. Das habe ich soweit verstanden.
Jetzt könnte man natürlich noch darüber reden, wie weit dies geht,
welche konkrete Formen dies annimmt und so man die Grenzen zieht... aber
wir wollen keine theologische Diskussion anfangen, nur ein Einblick
gewinnen. Reden wir darum ein wenig über die Institution eurer Kirche.
Denn man kann ja Institution Kirche und Glaube nur schwer voneinander
trennen. Ich glaube sogar, jeder aristotelische Kleriker würde mir mit
Nachdruck versichern, dass man das überhaupt nicht trennen kann. Wie
unterscheiden sich die... sagen wir der Einfachhalt halber
Glaubensgemeinschaften in institutioneller, organisatorischer Hinsicht?
Abgesehen natürlich, dass ihr deutlich weniger Mitglieder habt. Was
macht ihr anders?
Schwester Juana: Nun
zu den Mitgliedern, es ist ein Unterschied ob Jemand zwangsweise
Mitglied sein muss oder dies aus freien Willen ist. Aber Ihr habt schon
Recht, wir sind nach wie vor eine kleine Minderheit im Land. Und wir
Spinozisten sind keine Glaubensgemeinschaft, sondern eine der drei
Kirchen neben der Aristotelischen und die der Averroisten.
Die Gliederung ist einfach, die Bruderschaften der Städte wählen geheim
und demokratisch ihren Sprecher. Diese wählen dann in den Provinzen
ihren Abt, vielfach modern auch Kantor genannt. Und diese wählen den
Landesbischof, auch Admor genannt. International ist man in der Union
Spinoza verbunden. Im Gegensatz zur HDAK geht also die Hierarchie von
Unten nach Oben. Zudem gibt es keine Titel, es sind lediglich
Amtsbezeichnungen. Keiner steht über den Anderen. Zudem kann ein
Seelsorger bei uns nicht gleichzeitig in ein weltliches Amt.
Lato LeCobra: Gut, keine Titel, aber
Ämter. Was gibt es noch für Ämter? Von Sprechern hast du bereits
geredet. Ich gehe davon aus, sie sprechen für den Teil der Gläubigen,
die ihn gewählt haben. Als Repräsentant oder als Prediger? Wer legt
Schriften und Gebote aus? Gibt es ausgebildete Priester?
Schwester Juana: Nun,
zusätzlich den Sprechern, Äbten und dem Bischof -ich nehme hier hier
die ursprünglich Bezeichnungen die Jedermann versteht- gibt es auch
Sekretäre für besondere Aufgaben. Zum Beispiel als Botschafter abgesandt
zur Union Spinoza, als Rektor in der Klosterschule oder als
Kirchenbuchführer. Die Sprecher der örtlichen Bruderschaft, ich nehme
als Beispiel den leider verstorbenen Bruder Tromyr der Sprecher der
Bruderschaft in Freising war. Die Wahl findet monatlich statt und die
Aufgabe ist auch die Wahl des Abtes in der jeweiligen Provinz alle 2
Monate, wie er zum Beispiel vor Jahren Little.grizzly für Bayern war.
Und alle drei Monate wird der Bischof für den Deutschsprachigen Raum von
den Äbten gewählt, derzeit Schwester Marian.
Änderungen von Schriften und Geboten werden durch das Konzil
beschlossen, der Versammlung aller Spinozisten. Es gibt einige
ausgebildete Priester, die den Weg der Kirche studiert haben, leider
können diese Entgegen der Goldenen Bulle des Kaisers nicht die offenen
Kirchenstellen besetzen, aber das ist ein heikles Thema. Seelsorger kann
Jeder Spinozist nach einer Ausbildung werden, ich habe zusätzlich noch
eine Ausbildung in Kirchenrecht.
Lato LeCobra: Und was machst du Seelsorger so genau?
Schwester Juana: Als
Seelsorger leitet man Taufen, Hochzeiten und Beisetzungen. Man ist aber
auch Beichtvater, nur hier werden dem "Sünder" keine Strafen auferlegt,
denn wir sind alle Menschen und unvollkommen und es gebührt alleine
Gott zu richten. Wir helfen bei Problemen oder auch Armen und Schwachen,
das schließt auch Jene ein, die den rechten Pfad verlassen haben - also
zum Beispiel Räuber. Kurz gesagt, der Seelsorger ist da, wo man ihn
braucht!
Lato LeCobra: Ich muss gestehen -oder
beichten- dass ich noch nie beichten war. Aber von Strafen beim Beichten
habe ich auch in der aristotelischen Kirche noch nie was gehört. Nur
dieses etwas unbestimmte Wort Buße. Ich glaube, das wäre ein Thema, wo
man mal etwas genauer nachforschen könnte.
Aber zurück zum Thema Seelsorger: Sie sind dann sozusagen Helfer für
jeden, der es nötig hat. Das bedeutet, wenn ich Probleme habe, kann ich
einfach so zu dir kommen, ich verstehe.
Nun, zuletzt die für mich eigentlich wichtigste Frage: Was würdest du
zusammenfassend sagen ist der Auftrag der Bruderschaft des Lichtes für
unsere Gesellschaft. Welchen Dienst tut ihr für uns einfache Bürger, für
Bayern insgesamt, für das König- oder gar das Kaiserreich?
Schwester Juana: Nun
werter Le Cobra, der Auftrag der Bruderschaft ergibt sich aus unseren
Glaubensbekenntnis und der Ulmer Proklamation vom 27.12.1455, wo noch
nicht alle Punkte umgesetzt wurden: 1) Abschaffung der Todesstrafe, 2)
Einführung der Glaubensfreiheit, 3) Trennung Staat und Kirche, 4) Freies
Aufenthalts- und Reiserecht, 5) Mindestlöhne nicht unter den Preis
eines Brotes, 6) Einführung von Rechtsbeiständen.
Nun Vieles ist bereits für Jeden Selbstverständlich, doch vor 15 Jahren
sah das offenbar noch Anderst aus, es gibt noch viel zu tun.
Lato LeCobra: Ich bin überrascht, das
sind sehr... allgemein-gesellschaftliche Forderungen. Die könnten auch
von einer politischen Partei in ihrem Wahlprogramm stehen und sind damit
irgendwie politische Forderungen. Passt das zusammen mit der Forderung
nach der Trennung von Staat und Kirche? Sollte sich Kirche in die
Politik einmischen? In einem Gespräch mit Vater Joseph von vor einem Jahr,
ging es auch darum, was die Aufgabe der Aristotelischen Kirche sei für
die Gesellschaft. Sie solle für die Gesellschaft im Allgemeinen, aber
auch für die Regierung ein Berater und moralischer Kompass sein. Also
sich schon einmischen. Hat die Spinozistische Kirche einen ähnlichen
Anspruch?
Schwester Juana: Es
ist richtig, wir sind für Trennung Staat und Kirche. Ich habe es auf
meiner bisherigen Pilgerreise gesehen. Die Kirchen sind leer, es gibt
ein paar Personen, die keine Pfarrer sind, aber von den Bischöfen
eingesetzt wurden - andere Pfarrer, wie damals die werte Lea werden
nicht akzeptiert - entgegen den Kaiserlichen Gesetzen. Die wenigen
Pfarrer sind eher, nun ich sage mal, ruhig. Es gibt aber jede Menge
Kirchenfürsten, die aber vornehmlich auf weltlichen Posten sitzen.
Zurück zur Ulmer Proklamation, nun es schaut aus wie ein politisches
Programm - aber es ist eine Forderung zur Menschlichkeit. Zum Teil
wurden diese schon Umgesetzt, auch durch die Kaiserliche Magna Carta und
die Goldene Bulle - leider scheint das auch nach Jahren noch nicht bis
in die Amtsstuben des Deutschen Königreiches und einiger Regenten
durchgedrungen zu sein, warum auch immer. Die Spinozistische Kirche hat
seit Anbeginn den Kontakt und Konsenz mit der HDAK gesucht - vergebens.
Mit anderen Glaubensrichtungen hat man seit einiger Zeit einen
Religionsfrieden, wie mit dem Kreis der alten Götter, der OdAG und der
RAK.
Meiner Meinung ist die Aufgabe einer Religion oder Kirche nicht die
Durchführung von Kreuzzügen, der Bekehrung Andersgläubiger mit
Waffengewalt oder der Einfluss auf Amtsträgern in allen Stufen, sondern
für das Seelenheil der Bevölkerung da zu sein und zu Helfen wo es geht.
Dazu gehört es aber auch gegen Unrecht zu kämpfen - mit Worten und nicht
durch das Schwert.
Lato LeCobra: Gut, von Kreuzzügen und
Bekehrung mit Waffengewalt hat man in den letzten Jahren zum Glück nicht
viel vernommen. Ich wüsste auch nicht, wann das der Fall gewesen wäre,
aber ich verstehe, worauf du hinaus möchtest. Das Verhältnis zwischen
den verschiedenen Kirchen ist... sagen wir einfach mal, kompliziert.
Gerade hier in Freising wissen wir, was das für Auswirkungen haben kann.
Schon allein die Tatsache, dass ich überlegen muss, ob ich das Gespräch
so überhaupt veröffentlichen darf, sagt viel darüber aus. Aber ich
werde es dennoch tun, einfach darum weil. Ich bin es, der es
veröffentlicht, du hast nur an diesen schönen Platz hier in Freising
meine neugierigen Fragen beantwortet. Vielen Dank darum für die
Beantwortung der Fragen und für deine Zeit. Ich hoffe, so können die
Leser einen kleinen Einblick in die Arbeit und den Glauben der
Bruderschaft des Lichts bekommen.
Schwester Juana: Ich habe zu Danken werter Le Cobra, vor Allem für Euren Einsatz für Neubürger und im Bereich Kultur.
Lato LeCobra: Ich wünsche dir und auch
den Bruder schwarzer Abt eine gute Weiterreise, dass ihr mit der
Pilgerreise Erfolg haben werdet. Vielleicht findet ihr ja noch ein paar
Leute, die sich anschließen.
Schwester Juana: Vielen
Dank werter Lato LeCobra, unsere Pilgerreise ist für Jeden offen, es
soll keine Missionierung sein für irgendeinen Glauben, sondern der
Versuch gemeinsam ein Ziel zu erreichen - ohne Politik - in Frieden und
Eintracht. Ich stehe aber Jederzeit und Jeden für Fragen zur Verfügung.
Gott mit Euch und all Euren Lesern
Interview mit der FELD (Wie es veröffentlicht wurde)
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