Brief des Mönches khatanka

Luzern, den Zehnten im Brachmonat des Jahres AD 1459.


Liebe Brüder und Schwestern.

Ich saß am gestrigen Tage, bei netten Leuten in einer Schenke, da fiel mir eine Begebenheit auf einer früheren Pilgerreise ein.

Es war in einer Schenke wie überall. Nach getaner Arbeit saß man zu einen Bier oder einen Schwätzchen zusammen und redete über Gott und die Welt.
Am Nachbartische saßen vier Herren und wie sich später herausstellte war es ein Töpfer, ein Müller, ein Schmied und ein Bauer.
Nach einiger Zeit wurde es lebhaft am Nachbartisch und ich wurde hinüber gebeten. Wie sich heraustellte, gab es einen Streit zwischen den Vieren, welches Element wohl das Wichtigste war.
Der Töpfer trug energisch vor: "Das Wichtigste Element ist das Wasser und meine Krüge transportieren es. Ohne Wasser müßtet ihr Alle verdursten!"
Der Schmied fiel ihm fast ins Wort. "Ach was, viel wichtiger ist das Feuer. Eisenwaren braucht jeder und um es zu formen, muß es über das Feuer erhitzt werden. Außerdem wollt Ihr Eure Suppen immer kalt essen - also!"
Der Müller schüttelte den Kopf. "Alles Quatsch, das wichtigste Element ist die Luft. Ohne meine Windmühle wird kein Mehl gemahlen. Außerdem muß man ja auch mal Atmen - oder?"
Der Bauer stand halb auf: "Joo, der könnt Euch so passen. Nix do! Der Wichtigsta vo Alla is die Erdn. Ohne Erdn wächst nixn - do kennt der verhungern. Und irgendwu müssn mehr ja ah die Fiss drauf stelln - wir kenne ja net fliegn!"

Ich versuchte die vier Herren zu beruhigen und sprach: "Nun, ein Jeder von Euch hat etwas Recht. Doch das Entscheidende in dem Fall ist, es gibt nicht EIN wichtiges Element, es ist ALLE wichtig und das Eine benötigt das Andere. Töpfer! Ihr braucht ja auch Erde um Eure Töpfe herzustellen und die Luft um sie zu trocknen und am Ende das Feuer um sie zu brennen. Schmied! Auch Eurer Feuer braucht die Luft, sonst geht es aus und Ihr braucht das Wasser zum härten der Klingen. Müller! Ihr braucht die Erde, auf der Eure Mühle stehen soll und das Wasser wird später zur Zubereitung des Mehls benötigt. Trockenes Mehl wird wohl Keiner essen. Bauer! Sicher ist die Erde wichtig, doch ohne Wasser wächst darauf nichts.
Ihr seht, das Eine ist ohne dem Anderen nichts. Alles ist in der Natur verwoben und bildet wichtige Kreisläufe - es geht Hand in Hand." Damit gaben sich die Herren zufrieden und tranken ein Bier darauf.

Nun Brüder und Schwestern, so ist es auch in einer Kirche - eine Gemeinschaft von Gläubigen. Niemand ist der WICHTIGSTE. Jeder hat seine Aufgabe und wird gebraucht. Ob nun als Führer, also Bischof oder als Küchengehilfe. Der Kirchenbuchführer ist genauso wichtig wie der Botschafter und der Seelsorger auf dem Dorf so wichtig wie der Sekretär des Bischofs. Alles arbeitet Hand in Hand und hilft und unterstützt den Anderen. Nur so kann es funktionieren - nehmt Euch die Natur als Vorbild, wie in vielen anderen Dingen auch.

So genug für Heute geschrieben. Einen schönen Abend oder Tag noch, wo immer ihr diesen Brief auch lest. Gott mit Euch!


Shalom
Khatanka
Freier Mönch zu Luzern